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Tuesday, February 20, 2007

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Kurzsichtig am Rand der Erde im Februar

Kurzsichtig am Rand der Erde im Februar

Haben Sie das auch schon erlebt? Es regnet, und es geht um uns beschissene Mauerblümchen, Menschen, Gestalten. Ich trage meistens Jeans, sie stecken vielleicht in einem Anzug oder einem Rock. Wir tragen unser Gesicht herum, irgendwie ist immer High Noon, und wenn wir uns setzen, so sitzen wir immer am Rand von irgendeinem Geschehen, das wir nicht bestimmen können.
Kein Augenblick ist wie der andere.

Wir setzen uns in irgendein Cafe, Cafe Nero in Berwick on Tweed zum Beispiel. Dann stellen wir plötzlich fest, gestern hätte alles ganz anders sein können, und morgen wird auch nichts so, wie wir es vorgestern gerne gehabt hätten. Die Einrichtung ist in warmen Farben gehalten, im Hintergrund läuft ohrschmeichelnde Musik von Norah Jones, der Kaffee ist nicht schlecht, aber wir könnten losheulen. Wir bleiben die selben unvernünftigen trostlosen Idioten. Es ist auch nur eine kleine Freude, wenn man feststellt, dass einige andere schlimmere Hohlköpfe sind.

Unsere Wünsche schreiben unsere Gedanken und ordnen den Ablauf unseres Lebens und unserer Träume jeden Tag neu an. Unsere Wünsche schreiben Gedichte, Novellen, Drehbücher, Geschichten, Romane, soaps und langweilige Wiederholungen.
Wenn wir uns wirklich ändern wollen, so müssten wir unsere Wünsche ändern können. Ich persönlich kenne kaum jemand, der dazu bereit wäre. Vermutlich erscheint allein das Risiko, dass dies funktionieren wird, auch meinen engsten Freunden als zu groß.

Ich zum Beispiel erlebe während der schweren Krankheit meiner Frau jeden Tag, wie sich in mir neue Geschichten entwickeln, wie mein Kopf fast wie unabhängig von mir immer neue Szenarien zur Befriedigung meiner Sehnsüchte und Wunschvorstellungen entwirft. Bis hierhin hatte ich geahnt, dass in diesem Bereich nichts koscher abläuft, aber nun stieß ich an die Grenzen sogar meines Geschmacks, und ich begann, mich für völlig kindisch zu halten. Man könnte auch sagen, dass ich meinem Gehirn nicht mehr traute.
Vor allem lösten Frauen in mir Verwirrung und Spulen und Spulen von Film aus. Verschiedene Blenden, wechselndes Licht, aber immer wieder die selben Einstellungen, fast ununterbrochen von einer Taille zur anderen.

Ich habe noch ein Problem. Die Leute sagen, ich hätte immer ein dummes Grinsen im Gesicht. Meine Frau sagt das, „nimm das aus deinem Gesicht“. Ja, vor einigen Jahren sagte eine thailändische Prostituierte mit unglaublich spitzen Brüsten, und das während ich sie von hinten nahm, ob ich denn immer so dämlich grinsen müsse. Sie schlug mir ziemlich entnervt Selbstbefriedigung vor.

Ich weiß es auch nicht. Wenn ich selbst in den Spiegel sehe, weiß ich nicht, ob ich lächle oder Schmerzen habe. Da mir meistens irgendetwas weh tut, gehe ich von letzterem aus.

Dabei handelt es sich wohl doch nur um eine Folge meiner Kurzsichtigkeit. Man kneift die Augen zusammen, runzelt die Stirn, bewegt die Mundwinkel, und schon wird man gesteinigt. Man wird für einen Propheten, Revolutionär oder einfach für abnormal intelligent gehalten, manchmal auch nur für blöde oder kriminell.

Die Menschen um mich herum, Lehrer, Postboten, Patienten, Frauen, meinen, dass ich denke, dass ich etwas sehe, was sie nicht sehen können, dass ich zweifle, ungläubig bin, renitent oder sonst was. Aber ich sehe einfach nur schlecht.

Es war wieder so ein Tag, und mein Grinsen sollte meinem Leben eine neue Wendung geben.

Ich glaube, dass ich schon immer einsam gewesen war. Es ist aber nicht leicht, mir auch noch einzugestehen, dass ich älter werde, unattraktiver, insgesamt ohnmächtiger in meinem Alleinsein.
Das Begehren bleibt, die Sehnsucht. Die Träume lassen sich nicht aufhalten. Die Nächte sind unterbrochen von Schmerz, Aufbegehren. Manchmal legt sich das Selbstmitleid wie ein dicker Teppich über mich.

Im Land des dunklen Königs wuchsen keine Kletterbohnen. Es gab keine jungen schlanken Bäume mehr, keine Bohnenstange war übrig geblieben, und die Saat musste gekocht und verbraucht werden. Vor dem Palast war Feld um Feld um Feld bis zum Rande voll mit Bohnenstangen, auf denen Köpfe steckten, Köpfe, Köpfe, Köpfe, mal mit Haaren, mal schon gebleicht, vertrocknete, frische, gelbe, braune, schwarze und weiße Köpfe. Von weit her glaubten Fremde manchmal, der König habe einen Weg gefunden, Salatköpfe auf Stangen wachsen zu lassen. Der Gestank nach Verwesung reichte weit über das Land, und der König hatte böse Träume in seinem Schlaf, die ihn tagsüber dazu trieben, immer mehr Kriege zu führen, das Land zu verwüsten und seine Untertanen zu töten und aufzuspießen. Kurzum, er wollte alles zerstören, was vergänglich war, da er das Sterben fürchtete und seine eigene Vergänglichkeit nicht ertragen konnte. Es geschah eines Morgens, dass ein fremder Reisender den König sah, wie er mit zerrissenem Gewand und völlig ohne Verstand zwischen den Stangen in seinen Feldern herum irrte. Der König hatte nachts seinen Kopf auf einer der Stangen gesehen, und nun suchte er und suchte und suchte.

Das erinnert mich auch daran, wie die Pik-Spielkarten Alice im Wonderland bedrohen, wie unheimlich und mörderisch lauernd ich die scheinheilig grinsende Katze darin fand und wie das Karnickel mit seiner Uhr herumläuft und allen mitteilt, dass keine Zeit übrig bleibt.
Wo ist die Zeit denn hin, wo der Kopf?

Heute waren meine Gedanken wie Lichtflecken über einer dunklen See. Ich stellte mir Vogelflugzeichen im Wind vor, über weiten Meeren, in die ich nicht hinabschauen wollte.

Ich glaube nicht, dass ich alles sehen mochte.
„Fürchte dich nicht“, das sagt ein jeder Engel, und die werden schon ihre Gründe haben.
„Dreh dich nicht um“, sagte eine andere Stimme
Auch zwei Lichter geben kein stärkeres Licht, leuchten aber mehr Raum aus, dunkle Ecken, aus denen verbannte Geister glimmen.
Ich wünschte mir keine weiteren Lichter sondern eine Verschmelzung.

Jedoch musste ich wie ein jeder Mensch zusehen, wie ich mit meinem Licht allein in mir zurecht kam.

Hin und wieder leuchtete jemand rein und ging dann wieder. Das schien der Lauf der Dinge.

S. kniff die Augen zusammen, blinzelte und ihre Pupillen glitzerten schwarz unter ihrer Brille, mit der sie unglaublich sexy aussah. Mir war zuvor gar nicht aufgefallen, dass sie eine Brille trug. Vermutlich hatte sie auf mein Blinzeln reagiert, und unsere Kurzsichtigkeit schuf das Chaos, das folgen sollte. Vielleicht war es auch nur ein falsch verstandener Lichtreflex von meiner Seite.
Sie bewegte sich, die Luft zwischen uns glühte. Reibung. Ich hatte das Gefühl, aus dem Augenblick und ohne jede Gegenwehr in eine apokalyptische Erfüllung zu stürzen.
Ein neuer Film hatte begonnen, und es war fast unwesentlich, auf welcher Ebene er spielen mochte.

Warum fühlte ich mich immer allein? Immer wenn ich gekriegt hätte, was ich davor noch gewollt hatte, so war es doch zu spät. War dies das Wesen der Frauen oder mein Missverhältnis mit den Rhythmen des Lebens? Rührte es von innen her, dass ich meine Sehnsucht niemals verstehen konnte? Oder wollte ich gar keine Erfüllung, sondern nur die Sehnsucht spüren, pur, das Brennen und Glühen und Leuchten in mir? Hatten Sie auch schon einmal diesen riesigen Hunger, wenn die Gerüche in einem Restaurant eine fast tödliche Gier auslösen? Und erinnern Sie sich auch an den Augenblick der Übelkeit, wenn das Essen wie immer zu spät auf ihrem Tisch erscheint?

Sie ließ ihre Dose da, eine große runde russischrote Teppichsternenmusterblechlackdose gefüllt mit von ihrer Tante gebackenem Spritzgebäck. Ich stellte sie auf den Popkornplastikeimer vor meinem Bett.
Da halfen auch ironische Anspielungen auf Popkorn, Dose und Spritzgebäck nichts; es kamen doch Tränen in meine Augen sobald ich allein war.

Mir fehlte weiter die Blume in dem Tunnel meines Herzens, das Leuchten, mit dem ich als Falke die Wünsche meiner Geliebten hinaustragen wollte, frei im Flug, stark im Sturm und froh.

Doch wollte ich das wirklich tun? War der Traum nicht bequemer? Zumindest erschien mir der Traum versöhnlicher neben der Realität einherzugehen. Ohne Traum war ich verloren. Der Boden unter meinen Füssen bestand aus nichts als aus Träumen und Wünschen.

Ich wusste, dass ich nackt geboren war und dass ich nackt sterben würde. Alles andere war Ahnung, Sehnsucht, Traum.

Ich wusste, das ich eigentlich nichts war als ein völlig unwahrscheinlicher und irgendwie verwunschener grüner Frosch auf trügerisch glänzenden Fliesen, unter denen sich nichts oder wenigstens etwas wie nichts befand.
Was sag ich Ihnen?

Wie soll ein Mensch zu dieser Zeit noch Geschichten erzählen nach Haruki Murakami?
Bei ihm fallen ätzende Bewusstseinstropfen aus jazztraurigen einsamen japanischen Hirnschalen in die tiefdunkelsten Brunnenschächte, die sich heimtückisch in Hinterhöfen und Gärten auftun, zwischen den Papierhäusern und den Klavieren seiner verzweifelt gelangweilten Helden. Über allem immer wieder der Ton einer wirr bleibenden Sehnsucht in einer Welt voll von Menschen fressenden Katzen und gequälten Männern. Er erzählt von Geistern, Vorahnungen, Parallelwelten, Zerrwelten.


Ich sehe dazu Engel, Boten aus der Mitte unseres Wesens.
Ich sehe Mittler, Träumer, Botschafter, die uns helfen, unsere Träume zu finden, Wegweiser über Zäune.

Ich sehe Tod und Leben, Ebbe und Flut, Einatmen und Ausatmen. Ich sehe den friedlichen und leicht geöffneten Mund bei vielen Toten. Ich sehe Kinder im Schlaf, rosig wie Apfelblüten, friedlich wie Lämmer. Ich höre die Schreie aus tiefstem Schmerz, aus Gesichtern, die jäh vor mir wie Wunden klaffen. Ich sehe die Stadien der Transformation, die Übergänge, die Falten und Sprünge, den Raben, der frech aus den Ecken grinst, das Auge, das mich auf der Toilette beobachtet.

Es war Goethe, ich muss das tun, aber wer Ihnen mit einem Japaner kommt, dem ist nicht zu trauen. Es war Goethe, der reimte: “Was wär ein Gott, der nur von außen stieße und das All an seinem Finger kreisen ließe?“, so oder so ähnlich. Fanatiker aus Berlin und Tokyo, beschimpft mich.
Dabei kommt es wirklich nicht auf die vermutbare erotische Anspielung an, auch wenn Goethe ein großer Frauenheld gewesen sein soll. Nein, es geht um die wirklich grundlegende Frage, ob Gott uns beim Stuhlgang zusieht oder nicht. Wenn es einen persönlichen Gott gibt, dann muss er dies ja wohl tun, es sei denn, er überließe es seinem Gegenspieler, Satan. Dann würde ich mich aber in Zukunft auf keinem Sitzklo der Welt mehr länger als nötig aufhalten. Wie steht es geschrieben: „Auf diesem Sch….haus wohnt ein böser Geist, der dich von unten in die Ei.. beißt!“ Diese Fragestellung ist für mich nicht abschließend geklärt. Kein Rabbi, Schriftgelehrter, Priester oder sonstiger weiser Mann konnte mich in meinen metaphysischen Bedürfnissen final beruhigen. Warum lebe ich?

Vielleicht ist es wirklich nicht mein Problem, ob es einen persönlichen Gott gibt. Mit dieser oder einer ähnlichen Antwort habe ich gelernt, erwachsen zu werden.




Ich frage mich natürlich auch, ob ich in meinem Alter nochmals einen geblasen kriege und wie es sein wird und ob es zu spät wird. Ein anderer fragt sich, ob seine Frau nun auf spanking steht oder nicht. Vielleicht fragt er sich auch, ob er selbst sich dieses wünscht. All dies sind wirklich unmittelbar existentielle Fragen, so wie ob ich zum Abendessen noch genug Geld haben werde und ob ich Hühnchencurry oder gebackenen Fisch essen soll.

Der Ursprung solcher fast zwanghafter Regungen, die immer wieder auftauchen, manchmal alle drei Minuten, liegt ganz sicher nicht in unserem logischen Denken. Sie sind so leicht als Wünsche erkennbar, dass sie uns harmlos vorkommen. Aber sie sind beileibe nicht harmlos, sondern können von zwischenmenschlichen Sicherheitsnetzen losgelöst aus einem dumpfen Hirn heraus als wilde Tiere auftreten, die mit Vergewaltigung, Folter, Wut, Enttäuschung und Fresssucht alles um sich herum zerstören.

Daher soll man auch den Wunsch nach einem Hühnchencurry mit dem gebührenden Respekt betrachten. Die Kräfte, welche mit Nichtachtung entfesselt werden können, sowohl mit Unterdrückung als auch mit gleichgültiger Nachgiebigkeit sind weniger geheimnisvoll als vielmehr hässlich in ihren Auswirkungen.

Der Falke sucht die Freiheit der Himmel.
Manchmal fällt mir plötzlich so etwas ein, schön und irgendwie nutzlos.
Wohin soll ich?
Solche Redensarten nützen dem jungen charmanten Poeten, dessen Silberblick unter wirrem Schopf die Frauen bezaubert. Danach wird so etwas zur Marotte und manchmal zur Belästigung.
Es regnet noch immer.



Ich wünsche mir, dass meine Frau bei mir ist, aber gesund, mit ihrem Kampfgeist, ihrer Stärke, ihrer heiseren scharfen Stimme und ihren durchdringenden Augen. Ich wünsche mir, dass sie mich tröstet. Ich wünsche mir, dass sie meine Unzulänglichkeit ausbügelt und meine Unruhe stillt.

Ich frage mich oft, wie ein so unvollkommenes Wesen wie ich, chaotisch, ungesund, ohne moralische und biologische Fundamente in der Gemeinde, ohne Verschwägerung und Inzuchtverwandtschaften, wie dieser entwurzelte und höchstvirtuelle und doch verletzliche und immer Transzendenz suchende Frosch Patienten behandeln soll. Ich frage mich nach der Grundlage dieses Tuns, nach dem Sinn, nach der ethischen Berechtigung.

Ich besprach dies mit einem Freund und Kollegen, der ebenfalls wahrnimmt, wie trügerisch der Boden ist, auf dem er sich bewegt und der die Pforten der Wahrnehmung mühsam mit seinem messerscharf geschulten Intellekt im Zaum hält, gnädig unterbrochen und unterstützt von notwendigen Alkoholexzessen.

Er begegnet seinem und dem Stolpern der anderen mit Zynismus. Alle Kommunikation scheint ihm Lüge, Geschichten erzählen besser als jede Wahrheit. Ich meine, dass er recht hat.

Was ist Wahrheit als die Summe der Möglichkeiten in einer Geschichte?

Ich beschloss, mich und meine Umwelt mit Geschichten zu versorgen, und ich wurde, was man bis in die Psychiatrie hinein produktiv nennt.

Meine Frau sagt immer, „Du lügst“. Und: „ Schluss“. Wenn ich sage, „Ich liebe Dich“, so ist das die Wahrheit, da es für mich die augenblickliche Summe meiner Möglichkeiten ausdrückt. Für meine Frau bedeutet es erst einmal grundsätzlich, dass ich bei ausreichend Möglichkeiten ebenso andere lieben würde. Wir haben beide recht. Es ist also besser, in der Liebe nichts beweisen zu wollen, da dies ganz und gar unmöglich wird.


Eine Bekannte schreibt, sie will zu ihrem Mann. Ihr linker Unterarm ist zerschnitten und zerkratzt, sie ist Rechtshänderin. Ihr Mann ein halbes Jahr tot, ein Unfall, und sie hatte ihn keine zwei Monate gekannt. Sie ist fünfundzwanzig Jahre alt, und dies erscheint mir definitiv zu jung zum Sterben..
Und ich sage ihr, traure, leuchte, lass los, fliege und besuch ihn da, wo er hingehört, im Herzen, in der Erinnerung. Er lässt dich frei.

Und die andre kommt nachts, riecht nach Schweiß , will nur Kakao und Bewunderung für ihre Blessuren, blauen Flecke, die Scharte auf ihrer Nase, frisch verschorft, alles vom Snowboardfahren.

Beide haben kurzes Haar, sonst haben sie nichts gemeinsam.

Aber all diese Begegnungen lösen einen neuen Film aus. Der kleine Junge vergräbt seinen Kopf im schwarzen dicken Haar der Kindergärtnerin, er versteckt sich, und um ihn ist dieser süße unwiderstehliche Duft.

Der junge Mann reitet ein wildes Pferd, springt ab und küsst die Lachgrübchen seiner verzaubert schlafenden jungen Frau.

Der erwachsene Mann geht geradewegs in die Augen seiner Geliebten, zu einem Ort, an dem sich seine Trauer und seine Schwere auflösen werden.

Und dann flieg ich wieder nach Großbritannien.

Dort beobachte ich im Flughafen Stansted, wie sich schuldbewusst ihre duldsam nickenden kauenden Gatten anlächelnde Frauen gleichzeitig durch ein Riesenteller mit Spaghetti und eins mit Pizza durchfressen. Mit Fettschürzen behangen und aufgebläht halten sie sich beim Abgang aus dem Restaurant noch immer auf unglaublich hohen Stöckelschuhen.

Junge Mädchen lächeln dich an mit Spangen über schwarzfleckig faulenden Zähnen und über breit klaffenden Lücken im Gebiss.

Aber dann rennen fröhliche kleine jüdische Jungs durch den Bahnhof in Newcastle-upon-Tyne. Mit kleinen runden schwarzen Gebetskäppis und für sie unverhältnismäßig riesigen Musikinstrumenten folgen sie ihrem ebenso gekleideten Vater. Ihre Mutter schleppt weiteres Gepäck und Kinder, unter einer pinken Plastikhaarhaube kaum erkennbar. Wo sie heute herkommt, muss es viel geregnet haben. Sie trägt ebenfalls pinke Galoschen über den Schuhen.
Freude an einer multikulturellen Gesellschaft, am bunten Leben. Egal ob hässlich oder schön, Farben bereichern meine Erfahrungen als Reisender durch dieses Leben.

Ich beobachte junge Frauen, korpulent und unglaublich wichtig gestikulieren sie in der Bar, laut, pompös, das sagte ich schon. Und genauso machen die beiden das, sie sagen es immer wieder, und sie haben immer recht. Wahrscheinlich haben sie ein Kind oder zwei, was sie zu Richterinnen, Lehrerinnen und Anklägerinnen macht.
Vor allem aber lässt es sie unnachahmlich diese gewisse Wichtigkeit vor sich her balancieren, auf ihren Bäuchen, vor ihren großen Mündern, aus denen während der Ingestion fetter Pommes noch fettere Blasen entweichen.

Einen Zahnarzt gibt es hier nicht am Wochenende. Ein Mann um die fünfundvierzig kommt mit einer dick geschwollenen Wange und böse löchrigen Zähnen. Ich gebe ihm ein Antibiotikum und Schmerzmittel. Er meint, er hätte noch was unten rum. Ich nicke, und er zeigt mir seinen durchsichtigen blaugeblümten Damenslip, neben dessen Schritt ein pflaumengroßer Schenkelbruch herausdrückt. Ich sehe, wie er darauf wartet, dass ich seine Unterwäsche bemerke. Ich übergehe diese, schlage ihm nur einen späteren Besuch beim Zahnarzt und beim Hausarzt vor.

Am Meer höre ich den Lockruf eines Seevogels, froh und wild und voll von Versprechen im grauen nassen Golfplatz. Ich wünsche mir, dass, egal wie lang es dauert, dass ja, dass V. diesen Ruf hört und an mich denkt. Ich fühle mich sehr einsam. Der Frühling macht mich unruhig, der Wechsel der Monde. Wer ist V.? Diese Frage werde ich nicht beantworten.

Trotz Fehlfunktion meines Kopfes fällt das unter den Datenschutz. V. ist ein Film, den ich mir wünschte.

Wenn ich zurück kommen werde, wird meine Frau, die ich am Hörer das Rauschen des Meeres hören lasse, immer noch am Rand der Erde flattern, fast wie ein Luftballon, dessen Schnur sich an einem Ast verfangen hat. So noch verfangen im Leben, halb losgelassen, halb frei und voll von Schmerz.

Abends werde ich fiebrig, huste. Am nächsten Morgen meldet sich meine Frau, sei blutarm, wird in eine Spezialklinik verlegt werden.
Meine Seele löst sich allmählich schon von ihr, wie Blätter im Herbst von einem Baum. Weiß mein Innerstes das alles besser, oder bin ich ein Verräter?

„Der Falke sucht die Freiheit der Himmel.“

Die Filme in meinem Hirn werden plastischer, lassen mich kaum schlafen, fordern meine Aufmerksamkeit bis in den Tag. Ich kann ihnen nicht folgen, bin verheiratet.
Natürlich werde ich etwas Dummes tun.
Nachts betrachte ich Fotos meiner Frau, Erinnerungen an Zeiten, als sie noch fröhlich und stark neben mir war.

Es war wieder so ein Tag, und mein Grinsen sollte meinem Leben eine neue Wendung geben.

Mein Cafe Americano ist kalt geworden, und ich stelle fest, dass es mir nichts mehr ausmacht, nicht zu rauchen.

Der Wind treibt nasse alte Blätter über die Straße.
Ich zahle und gehe.

Schrie eben eine Möwe?
Schaut Gott mir zu?