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Wednesday, January 16, 2013

Ein Märchen für Anspruchsvolle und für Gelangweilte


Das Maerchen von einem, der auszog, um sich zu langweilen


Ach, sagte der dumme Rudolf, ich möchte mich einmal langweilen., nur ein Mal möchte ich mich langweilen können.

Er packte , seinen kleinen Rucksack packte er, er vergaß wohl  dieses und jenes, so beschäftigt war er mit packen.
Er trat aus dem Haus, der Himmel war grau, am Ende des Dorfes stand eine dicke Frau. Sie winkte.
Er hielt kurz an , grüßte und erhielt ein dickes Butterbrot und eine Dose mit Salz auf den Weg. Mit Danksagungen verabschiedete sich Rudolf. „Und vergiss ja nicht, dich zu langweilen“, sagte die  dicke Frau. „Immer wenn du es vergisst, so sollst du ein wenig Salz in deine Hand geben und es mit der Zunge versuchen.“

Der dumme Rudolf war nicht groß, nicht klein, e r trug eine dicke Hornbrille, hatte einen  kleinen roten Kinnbart und trug Lederhosen. Er wog nur unter fünfzig Kilogramm, und er war ja erst knapp dreiundzwanzig Jahre alt. Also ging er weiter und immer weiter.

Als er in die Stadt kam und vor dem Schloss stand, wollte ihm fast langweilig werden. Ein Cabrio fuhr immer ums Schloss herum, und mit einem Megaphon schrie ein Offizier in die Menge: „Wer die Prinzessin erlöst, soll sie und das Reich haben“. Was denn, dachte der dumme Rudolf, Prinzessin und Reich? Er leckte ein wenig Salz und ging dann recht gelangweilt ins Schloss, die breiten Treppen hinauf durch die riesige gläserne Tür.  Schon stand er vor dem König, der mürrisch und blass und fett auf einem mit bestimmt hundert bunten Kissen versehenen Thron saß. Der dumme Rudolf erkannte ihn gleich an der Krone.
Er leckte ein wenig Salz aus der Hand und sagte: „Was muss ich tun?“.
So gelangweilt wie er da stand , da dachte der gesamte Hofstaat , was für ein Kerl, so klein und jung und schon so gelangweilt. Es muss eine besondere Bewandtnis haben mit ihm.
Der König fragte nicht einmal nach dem Namen, es war ja doch noch keiner  seiner Helden zurück gekommen.
„Töte den Drachen, der meine Tochter entführt hat“.

„In Ordnung, zeig mir die Richtung“, sagte der dumme Rudolf, Und der König wies ihn nur mit einem Zeigefinger hinaus. Und  just in dem Augenblick quoll am Horizont dicker gelber Rauch empor, und ein übler Geruch nach Schwefel und verbranntem Fleisch drang bis in die Stadt.
Ach, ist diese Lauferei  langweilg, freute sich der dumme Rudolf.
Als er am Horizont angekommen war, wollte er  an Langeweile und auch am Schwefeldampf schon fast ersticken, so gut ging e s ihm.
Der Drache war drei Meter lang und grün und schuppig wie fast alle Drachen.
Rudolf gähnte, was den Drachen erschreckte, sehr erschreckte.  Einen Feuerschweif verschluckend verbrannte er sich selbst, Rauch quoll aus Po und Nüstern. Drache Umfall, Drache tot.
Der dumme Rudolf langweilte sich nun noch mehr, er war recht glücklich. Hinter einem Felsblock lag ein lockiges Mädchen, , sie sagte, „ich bin erst achtzehn Jahr, ich habe rotes Lockenhaar, ich bin des Königs Kind, bring mich nach Haus geschwind . „Der dumme Rudolf nahm sie huckepack, aber nicht lang. Nach wenigen Schritten ließ er  sie wieder runter , leckte ein wenig Salz aus seiner Hand und sagte :“Lauf!“.
Als sie ankamen, erst Prinzessin, dann Rudolf, wollten die Wachen ihn nicht rein lassen. Aber das gesamte Volk hatte sich vor dem Schloss versammelt, und da mussten sie ja wohl.
Der König nahm seine Tochter, die wirklich nicht so besonders hübsch war, und er hieß sie auf einen Schemel  sitzen.
Er dachte sich, wenn es so leicht war, da will ich mein Reich nicht hergeben.
„Sag , Bursche, kannst du mir vor der Hochzeit noch einen kleinen Gefallen tun?“, sprach er , scheinheilig hilflos lächelnd und mit Tränen in den Augen.
„Ei, das will ich gern.“
„ Geh in meinen Keller, ganz hinunter, da lauert ein böser Poltergeist, de r jeden Kellermeister mir in Stücke reißt.“

Der dumme Rudolf wachte einen Augenblick aus seiner Langeweile auf, leckte dann ein wenig Salz aus seiner Hand, überlegte und sagte:
„Herr König, gern will ich euch nochmals helfen. Euer Reich will ich nicht, aber die Hälfte eurer Goldvorräte.“

Da wollte der König sagen, laßt mir das Gold, aber das konnte er nicht, da wieder so viele aus dem Volk und Hofstaat dabei standen.
„Gut“, nahm er das Angebot an, und „Habt Dank“.
Der dumme Rudolf fand es sehr sehr langlangweilig. Die ganzen Treppen hinab zu gehen, so lange bis er es anstrengend fand. Er leckte ein wenig Salz, und da stand ein riesiger Rottweiler mit Feueraugen vor ihm. Der knurrte und bellte, als es dem Rudolf eben wieder ganz langweilig geworden war. Der dumme Rudolf streichelte ihn, erkannte in ihm den Poltergeist, dem ja noch ein Stück Kellermeisterhose zwischen den Zähnen hing , und er nahm ihn mit zurück nach oben, lammfromm war der Rottweiler, lammlammfromm.
Der König zuckte auf seinem Thron zusammen, die Prinzessin schüttelte ihre Locken, schüttelschüttelte sie. Sie dachte ja, „jetzt heiraten?“…aber nein.

Der dumme Rudolf sagte,“ Spann an, und schaff das Gold herbei!“

Da musste der König das tun. Unter echten Tränen schaute er seine Tochter an und verabschiedete Rudolf.
Der dumme Rudolf sah das, und er sagte: „Der Herr König, hör er her, ist es auch schwer. Wär ihre Tochter schöner, so hätt ich sie gern genommen für ein  Jahr oder mehr. Aber ihr könnt sie behalten und einen andern Dummen finden.“

Da weinte d er König noch mehr, und die Prinzessin schüttelte ihr Haar, halb erleichtert., halb beleidigt, sie wusste nicht so genau wie ihr war.
Und der dumme Rudolf fuhr heim, und er lebte glücklich mit der dicken Frau bis an sein Ende oder noch ein Jahr.


Dr. F.
16.01.2013