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Thursday, December 30, 2010

„Der Frascati killt das Böse oder Ein unpolitisches Gedicht"

„Der Frascati killt das Böse
oder
Ein unpolitisches Gedicht“

HEHE,

Soll ich von diesen dunklen Zeiten schreiben,
von der Struktur des Dummen und des Bösen,
von Paragraphen, Hieroglyphen und Programmen,
Optimierung, Controlling und Codierung

Von Verwaltungsakten, Durchführungsbestimmungen,
Datenschutzrichtlinien, Arbeitsschutzrichtlinien,
Schmerzensgeld, Schadensersatz,
Steuerermäßigung, Krankenkassenchefs

Korruption, Reformen
Verstößen und Normen,
Vergleichen, Entgelten , Racheakten
Von Gebühren, Mindestlohn und Gottes Sohn

Von Pisa, Gentechnik, vom Schulsportstadion,
von Organtransplantation, Kommunikation
von Lehrern, Zivilisation, Fax und Telefon,
von Weizen, Avocados und Mohn

Von Systemen, die sich verselbständigen,
vom Golem, von 1984, von Terroristen,
Guantanamo, Lagern, von der Wiederholung der Geschichte?
Vom Rad aus Lug und Trug

auf das Grausamkeit und Eitelkeit verflochten sind?
Von Lobbyisten, Pessimisten, von Generälen,
von Bierdunstreden in gekauften Sälen,
von Anwälten, Politikern, von Laffen und von Affen

Sitzen in Fernsehstudios, eitel, gaffen,
hetero, homo, bi, Lesbe, mir ist es einerlei
Blödelbarden, sinistre Minister,
Hausfrauen, Schuldnerberater

sie diskutieren, schwadronieren,
opponieren,dominieren, sinnieren,
Hartz vier und Millionär, Anorektiker,
Schwergewichtige, Theoretiker und Praktiker,

Sieben Kinder, die Mama,
einen Freund, der Herr mit der Dauerwelle.
Wer sich bei uns sieben Kinder leisten kann,
hat entweder Zeit oder wenigstens Geld

Bald brauchst du einen Fingerabdruck,
um auf öffentliche Klos zu gehen,
wo du dann beim Scheißen gefilmt wirst,
dein handy markiert dein Häufchen in Google streetview

Im Gespräch kriegen die Nachbarn Angst,
rufen den Schäferhund.
im iphone grenzenlose Kommunikation:
und kein einziger Freund dabei

Vielleicht hab ich jetzt zu viel Frascati gesoffen,
das kommt vom allein sein.
Für junge Frauen zu alt,
für alle andern zu gescheit
da kommt man nicht weit

Ich möchte die Blutsauger würgen,
ihnen das Kleinhirn zerdeppern,
nur das ist schon geschehen,
und ich muss selber nach meinem besten sehen

Politik betrifft uns alle,
aber das wär mir egal.
Nur
sie betrifft auch mich

Aber was bleibt,
ist man selbst:
sich ertragen
mit ein wenig Würde,

die andern,
da fällt es mir schwer,
im Beruf nicht,
sonst sehr

2 comments:

Liamese said...

Ein sehr schön-trauriges Gedicht, bei dem nur der Titel scheinbar irgendeine Hoffnung verrät, aus dem Gefühl trostloser Einsamkeit auszubrechen - nämlich durch einen kräftigen Herzensschrei. Das Gedicht selbst scheint so ein Schrei sein zu wollen, doch der Löwe schläft und nur seine müden, trauernden Träume kommen hier zur Geltung. (?)

Liamese said...

der vorherige kommentar gilt dem unten stehenden Gedicht (Einsamer nie...) Dieses Gedicht finde ich sehr komplex, wie ein Mischmasch aus Zeitgeist- und Subjektempfindungen.